Kleinkunstabend Carlo Ghiradelli & Gudrun Sander
14.03.2011
Ein Abend mit Tschechov
Carlo Ghiradelli und Gudrun Sander lasen Kurzgeschichten im Weinhaus Römer
Pressebericht HNA (Markus Löschner)
Kurzgeschichten des russischen Schriftstellers Anton Tschechow (1860 - 1904) standen auf dem Programm des Kleinkunstabends im Weinhaus Römer am Freitag.
Meist wird an dieser Stelle musiziert - aber selbst dann ist die Literatur nicht weit weg, treten hier doch in der Regel Musiker auf, die ihren Liedtexten mindestens dieselbe Bedeutung geben wie der Musik oder gleich literarische Texte vertonen. Wer an diesem literarischen Abend nun genau hinhörte, konnte wiederum meinen, dass hier die Musik nicht weit weg war, setzten die beiden Rezitatoren doch Stimmverteilung und Tempoänderungen ganz ähnlich ein wie es Musiker tun.
Gudrun Sander und Carlo Ghiradelli hatten den Text der Tschechov-Werke so untereinander aufgeteilt, dass oft längere Passagen in einer Stimme lagen, manchmal schnelle Wechsel Handlung und Dialoge vorantrieben. Vorhersehbar war die Verteilung aber nie und so immer spannend.
Das zweite gestalterische Element im Zusammenspiel der beiden Künstler war das Erzähltempo, das mal von Anfang an schnell war, sich mal mit der dichter werdenden Handlung kontinuierlich steigerte. Tonfall und Mimik blieben angemessen zurückhaltend - es sind schließlich Normalbürger in Alltagssituationen, die Tschechov in den Mittelpunkt seiner Erzählungen stellt und die - manchmal fast unmerklich - ins Ungewöhnliche und Skurrile abtreiben.
Und wie es sich für gute Kurzgeschichten gehört, ist die wahre Tragweite des Geschehens mit den Worten allein noch lange nicht gesagt. Ein unterhaltsamer Abend für die Zuhörer im Weinhaus mit der unausgesprochenen Aufforderung zum Nach- und Weiterlesen und Hinterfragen.